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GNOSISROMAN: DER WEG DES ALCHEMISTEN
(Ein Fragment)


Inhalt:

Zu spät + Flucht + Wohin? + Nach Süden + Ketzerei + Gutmann + Cathérine + Beschwörung + Venedig/Postels Sophia + Am Ziel/Am Ende + Epilog



Venedig/Postels Sophia

Nach Venedig kam ich über den Brenta-Kanal. Man hatte mir zuvor überall unentwegt über das Wunder der Schleusen erzählt, die den Fluss bändigten und schiffbar machten, so dass ich gar nicht anders konnte, als sie zu bestaunen. Der Mensch ist erfinderisch. Und heute entstehen an vielen Orten neue Werke, wie sie es vorher noch nicht gab (oder werden der Antike nachempfunden, in der vieles schon einmal vorhanden gewesen war, welches sich später verloren hatte).
Doch eigentlich galt mein Interesse nicht den intelligenten Ingenieursleistungen, auch wenn sie als modernes Weltwunder gepriesen wurden, sondern dem Anblick der aus der Sumpfebene auftauchenden goldenen Stadt (so erschien sie mir im rötlich schimmernden Abendlicht) - Kuppelbekrönt, Turmverziert. Die Wasserfläche vor der Stadtfront reflektierte die Häuserkulisse, eine Verdoppelung der Ansicht, spiegelbildlich auf die Lagune gemalt. Wunderschön kam sie mir vor.
Und wie eng und schmutzig war sie, nach fauligem Wasser riechend, als ich von Bord ging und meinen Weg durch das Labyrinth der schmalen Gässchen zur empfohlenen Pilgerherberge suchte (unterwegs war auf dem Schiff aufdringlich für sie geworben worden).
Ich wollte mich als Wallfahrer ins Heilige Land ausgeben, hatte auch ernsthaft vor, diese Länder zu bereisen und in ihre Geheimnisse eingeweiht zu werden. Nur dass mich die christlichen Andachtsstätten dort nicht besonders anzogen, ich suchte anderes. Und Venedig sollte mein Ausgangsort dafür sein.
Doch zuerst folgte ich den Spuren des deutschen Adepten. Es gab immer noch Gerüchte über ihn, nach so vielen Jahren, Jahrzehnten, aber keinen Hinweis auf ein kürzliches Auftauchen in der Stadt. In Venetien lag eine Villa, wurde mir berichtet, in der er lange gewohnt und seine Experimente durchgeführt haben sollte. Nutzlos, hinaus aufs Land zu fahren, es war zu viel Zeit vergangen, seit er dort als Helfer eines venezianischen Edelmannes die alchemistische Goldvermehrung praktiziert hatte. Er sei in den Orient, nach Ägypten, nach Istanbul gegangen, nach Syrien, Babylonien, Persien, nach Indien. Wurde mir von verschiedenen Personen erzählt, beinahe von jedem etwas anderes.
Sollte ich ihm wirklich dorthin nachfolgen? Noch war Venedig selbst ein verlockender Aufenthalt. Durch meine Nachforschungen wurde ich mit einigen der um das Große Werk Bemühten bekannt, die mich zwar herzlich aufnahmen, mir aber keine Geheimnisse ihrer Praxis verraten wollten. In dieser Hinsicht sahen sie mich als ausländischen Konkurrenten an. Und noch andere waren dieser Meinung, wurden durch mein Nachfragen und meinen Umgang mit den Alchemisten auf mich aufmerksam: Die Geheimpolizei.
Für sie kam ich aus einer Gegend, in der erst kürzlich eine völlig neue Glasindustrie aufgebaut worden war: Mit aus den Werkstätten von Murano gestohlenen Rezepturen, durch kriminelle Werkspionage beschafft. Das machte mich in ihren Augen verdächtig. Vor allem, da einige der an dem Opus Magnum Beteiligten durch diese Arbeit mit den Werkstätten der Glasbläser verbunden, oder sogar selbst welche waren, als Nebenprodukt ihrer alchemistischen Experimente neue Farben, Schmelzen und Techniken für die Glasherstellung entwickelnd. Überhaupt waren Glaserzeuger und Metallschmelzer schon immer eine Art Alchemisten gewesen, manche sagen sogar, die Alchemie sei in den Werkstätten Ägyptens aus den praktischen Erfahrungen dieser Handwerker hervorgegangen.

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(Text über Venedig, Postel, den weiblichen Messias. In Vendig wird der Alchemist von der Geheimpolizei befragt und erkrankt an deren Behandlung. Er kommt in ein Hospital, in dem er von einer jungen Frau gepflegt wird, zu welcher er eine besondere Beziehung entwickelt. Sie ist befreundet mit der Oberin, der Leiterin des Hospitals, Madre Zuana, welcher in den Augen von Guilleaume Postel, einem französischen Philosophen, Philologen, Kabballist und Echatologen, die Rolle eines zukünftigen weiblichen Erlösers zukommt. Postel war kurz vor der Ankunft des Alchemisten von venedig nach Ägypten aufgebrochen, so trifft der Alchemist ihn nicht mehr selbst an, aber durch die Oberin erfährt er von dessen Lehre. Die junge Pflegerin stellt sich als inkognito im Hospital arbeitende bekannte Kurtisane heraus, der Alchemist zieht, gesundet, in ihren Haushalt. Dort verbringt er eine Zeit der Liebe, der Forschung, des Vergessens seines Unglücks, bis ihn wieder eine Katastrophe trifft: Die Kurtisane wird von einem verschmähten Liebhaber durch eine Gruppenvergewaltigung "bestraft", sie stibt an deren Folgen, vergeblich gepflegt durch ihre Freundin, die Oberin. Diese kommt nun selbst in Schwierigkeitn, da in einen Skandal verwickelt. Man verdächtigt sie, selbst in dem Kurtisanengewerbe tätig zu sein oder früher, in ihrer Heimat, als solche gearbeitet zu haben. Ausserdem macht sie die ihr von Postel zugedachte Rolle als weiblicher Messias, welches die Runde macht, in den Augen der Orthodoxie verdächtig. Solche Anschuldigungen verkraftet sie nicht, sie wird selbst krank und stirbt. Postel wird bei seiner Rückkehr aus dem Orient von ihrem Tod erfahren müssen. Der Alchemist, verstört durch die Ereignisse, sieht sich wieder auf seine Suchfahrt nach dem Stein der Weisen gestossen, er beschließt, diese fortzusetzen und nun wirklich weiter nach Syrien,auf den Spuren Trismosins zu reisen.)

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(Text über Suche nach der wahren Einweihungslehre)


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